Bergedorf Es muss schon etwas ganz Besonderes geschehen sein, wenn jemand mit seinem Schlepper nach Berlin fährt – bei Heino Stöver aus Bergedorf ist das immerhin eine Strecke von 460 Kilometern. Im November war Heino aber nicht alleine mit seinem Trecker in Berlin, sondern mit ihm weitere 15 000. Anfang des Jahres ging es abermals nach Berlin. Auch in Hamburg, Oldenburg, Bremen und in den Niederlanden waren Heino und sein Trecker.
„Das ist ein Ausdruck der Unzufriedenheit über die Politik, die uns das Leben nicht gerade einfach macht. So kann man mit der Landwirtschaft nicht umgehen!“ Heino ist Landwirt mit Leib und Seele, dabei hätte er diesen Beruf fast nicht erlernt, wenn da nicht die Liebe eine Rolle gespielt hätte.
Schon einen Tag vor Silvester 1965 konnten Annegret und Fritz Stöver aus Stenum die Sektkorken knallen lassen, denn Stammhalter Heino wurde geboren. Vier weitere Geschwister gesellten sich mit den Jahren dazu. Schon in jungen Jahren war Heino kein Kind von Traurigkeit, und wie auf dem Lande üblich, wurde mit den gleichaltrigen Dorfkindern viel unternommen – nicht alles durften die Eltern erfahren. „Ich hatte eine super Kinder- und Jugendzeit in Stenum“, stellt Heino fest.
Samstags ausmisten
Als Ältester half er im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern mit. „Samstags musste ich immer unseren Schweinestall ausmisten. Lust hatte ich nicht, aber man hat es gemacht“, erzählt Heino.
„Man hat es gemacht“ – so könnte man auch Heinos Schulzeit beschreiben. Nachdem seine Eltern die Landwirtschaft aufgegeben hatten, musste er sich nach einem anderen Beruf umsehen. Sein Schulpraktikum machte er bei der damaligen Baugesellschaft in Ganderkesee als Bauzeichner. „Das hat mir sehr gefallen“, erinnert sich Heino.
Nach seinem Realschulabschluss war in diesem Beruf keine Lehrstelle zu bekommen. Da nahm Vater Fritz die Zügel in die Hand und organisierte bei der Landschmiede Barkemeyer in Elmeloh eine Lehrstelle zum Landmaschinenmechaniker. „Wir mussten auch am Samstag arbeiten, wenn nicht in der Werkstatt, dann auf dem dazugehörigen landwirtschaftlichen Betrieb. Das haben wir gerne gemacht, denn es gab immer einen Extra-Lohn.“
Das Geld konnte Heino gebrauchen, denn die Feiern am Wochenende und die Aktivitäten bei der Landjugend Ganderkesee mussten finanziert werden. Kurz nach der Abschlussprüfung wechselte er zum Lohnunternehmen Kuhlmann in Neerstedt. Noch heute schwärmt Heino vom tollen Betriebsklima dort. Schon während der Ausbildung hatte er seine Ute (Blankemeyer) aus Bergedorf kennengelernt. Im Kino bei „Footloose“ kam man sich näher. Seit 27 Jahren sind beide ein Ehepaar, und zur Familie gehören auch Hendrik (25) und Sina (19). Da das Paar den Hof von Utes Eltern übernehmen sollte, machte Heino noch eine landwirtschaftliche Ausbildung.
Als geselliger Typ war Heino im Dorfleben nicht nur dabei, sondern gleich mittendrin. Seit einigen Jahren ist er stellvertretender Ortsbrandmeister und 2. Vorsitzender der Dorfgemeinschaft Bergedorf. außerdem gehört er zum Dingsteder-Körner-Mais-Club „D-Ko-Ma-C“. Jedes der 17 Mitglieder versucht, auf einem Quadratmeter Anbaufläche den größten Ertrag zu erzielen. Im Herbst geht’s mit einer Handdreschmaschine zur Ernte und bei einer zünftigen Abschlussfete wird der Sieger gekürt. „Bisher hat es bei mir nur einmal zum fünften Platz gereicht. Vielleicht klappt es ja in diesem Jahr mit dem Sieg“, sagt Heino schmunzelnd.
Hof ohne Zukunft
Ernster wird er, wenn es um den Fortbestand seines Betriebes geht. Dass der in naher Zukunft aufgegeben wird, steht fest. Die Kinder gehen andere berufliche Wege. Trotzdem hängt Heinos Herz an der Landwirtschaft, und so wird er kommende Woche bei einer Demonstration in Koblenz sein, wo sich die Agrarminister der EU treffen. Dieses Mal allerdings ohne seinen Schlepper, sondern mit einem Bus.
August 29, 2020 at 10:11AM
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Schnack Am Wochenende: Für die Landwirtschaft zu jeder noch so langen Treckerfahrt bereit - Nordwest-Zeitung
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