Es hat lange gedauert, viel zu lange. Und es brauchte Tausende Bauern auf den Straßen. Mit ihren Plakaten, ihren Traktoren und vor allem mit ihrer Verzweiflung. Von Rostock bis München, von Berlin bis Koblenz. Rund ein Jahr dauern die Proteste nun schon an.
Doch jetzt ist die Botschaft bei der seit 15 Jahren ununterbrochen regierenden Union offenbar endlich angekommen: Die Landwirte haben die Faxen dicke. Sie wollen nicht länger schikaniert werden von einer Umweltpolitik à la Svenja Schulze und EU-Kommissionsvize Frans Timmermans. Sie wollen nicht länger nur ehrenamtliche Dienstleister im Auftrag des Klima-, Natur- und Tierschutzes sein. Sie wollen und können mit ihren Betrieben eine von Fakten unbelastete und jede Wirtschaftlichkeit grob missachtende Politik nicht länger ausbaden.
Die Union hat das Feld unnötig gegnerischen Kräften überlassen
Das haben die Agrarpolitiker von CDU und CSU in den Ländern kapiert. Sie haben ihr Ohr vielleicht noch ein bisschen näher an der Basis als die Bundespolitiker in ihrem Berliner Raumschiff. Mit der „Hannoverschen Resolution“, die die CDU/CSU-Agrarsprecher am Freitag (4.9.2020) in Sehnde beschlossen haben, schicken sie sich jedenfalls endlich an, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu nehmen.
Sie haben gemerkt, dass sie Verantwortung dafür tragen, wie sich die Landwirtschaft in diesem Land entwickelt. Sie haben festgestellt, dass sie auch als Partei nur dabei verlieren, wenn sie die Agrarpolitik dem daran eigentlich nicht interessierten Koalitionspartner SPD überlassen, der sich aber nur zu gern auf Kosten der Union und der Landwirtschaft profiliert, indem reihenweise Forderungen der Grünen und der Umweltverbände durchgesetzt werden. Seit die schwarz-rote Koalition in Berlin regiert, also bereits seit Ende 2013, geht das Bundeslandwirtschaftsministerium aus politischen Auseinandersetzungen regelmäßig als zweiter Sieger vom Platz – oder die drängenden Fragen bleiben einfach unbeantwortet, was auch nicht besser ist.
Ein rundes Konzept, das aber auch umgesetzt werden muss
Jetzt also machen die Unions-Agrarsprecher den Aufschlag für „einen neuen Gesellschaftsvertrag“. Schauen wir über den Schwurbelbegriff „Gesellschaftsvertrag“ hinweg, ignorieren wir, dass der 10-Punkte-Plan inhaltlich nur mühsam auf die symbolträchtige Ziffer 10 gestreckt wurde, so kann doch festgehalten werden: Das Anliegen des Strategiepapiers ist richtig. Die Analyse stimmt. Das Fazit passt.
Die Unionsagrarier wollen Leitbilder entwickeln, an denen sich die Landwirtschaft und die Agrarpolitik orientieren können. Die Mehrkosten für höhere Standards und Leistungen für die Gesellschaft sollen beziffert und, wenn nicht über den Marktpreis möglich, über verlässliche Vertragsmodelle finanziert werden. Damit das Ganze funktioniert, soll das Fachrecht planvoll angepasst werden, statt die Entscheidung wie bisher den Gerichten zu überlassen. Und damit Landwirte und Verbraucher sich künftig besser verstehen, ist ein umfassender Dialog vorgesehen, inklusive dem Wiederaufbau einer nationalen Marketingagentur. Alles in allem ein rundes Konzept. Jetzt muss die Union aber auch umsetzen, was sie zutreffend formuliert hat, und nicht weiter ein agrarpolitisches Vakuum produzieren, das andere Kräfte bereitwillig füllen. Sonst werden die Demonstrationen vermutlich weitergehen – und auch das Höfesterben.
Bilder von den Bauerndemonstrationen in Deutschland
September 06, 2020 at 10:00AM
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Traktoren reißen CDU/CSU aus dem Tiefschlaf - agrarheute.com
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