Die Kamerasensoren und Kameralinsen, die im iPhone stecken, produzieren beeindruckende Bilder und Filme – ganz anders als die Webcams in MacBooks und iMacs. Denn die sind weder hochauflösend noch lichtstark. Umso besser, dass Apple mit macOS 13 (Ventura) zusätzliche Funktionen auf den Mac bringt, um die Kameras eines iPhones zu nutzen.
Das Stichwort hierzu lautet »Integrationskamera« (siehe Infobox). Das Konzept: Das rückseitige Kamerasystem des Mobiltelefons überträgt seine Bilddaten per WLAN oder Kabel auf den Mac. Dafür sind ein iPhone aus dem Jahr 2018 (XR) oder neuer sowie iOS ab Version 16 nötig. Weitere Voraussetzungen: Mac und iPhone müssen mit derselben, per Zwei-Faktor-Authentifizierung abgesicherten Apple-ID angemeldet sein, Bluetooth nutzen dürfen und im selben WLAN-Netzwerk funken.
Steht das iPhone nun aufrecht (im Porträt- oder besser Querformat) und ist zudem gesperrt, ist es bereit für den Webcam-Modus. Allerdings versucht macOS Ventura erst, eine Verbindung herzustellen, wenn Bedarf am Videobild besteht – etwa wenn Sie Apples proprietäre Videokonferenzsoftware FaceTime starten.
Für einen ersten Offlinetest starten Sie Photo Booth, die in macOS integrierte Software für Foto- und Videoschnappschüsse. Sie verbindet sich automatisch mit einem unterstützten iPhone. Falls das nicht auf Anhieb klappt, schauen Sie in der Menüleiste unter »Kamera« nach, ob Sie diese direkt auswählen können.
Auf Macs ohne Kamera – also mini, Studio und Pro – ist Photo Booth nicht vorinstalliert. In diesem Fall verwenden Sie den QuickTime Player: Wählen Sie »neue Filmaufnahme« aus dem Ablagemenü, erscheint ein Vorschaufenster mit einem Aufnahme-Button mittig im unteren Bereich. Wenn Sie auf das Pfeilsymbol rechts daneben klicken, erscheint ein Aufklappmenü, in dem Sie aus den erkannten Videoquellen für Vorschau und Aufnahme auswählen. Dort erscheint dann »Kamera von [iPhone-Name]«. Hier erscheint obendrein eine Qualitätsauswahl, bei der Sie von »hoch« auf »maximal« wechseln können – Photo Booth und QuickTime Player nehmen auf Wunsch Fotos und Videos auf.
Integrationskamera nennt Apple die Funktion , um die iPhone-Kamera vom Mac aus zu verwenden. Das ist eine holprige Übersetzung von »Continuity Camera« , einer Funktionssammlung, für die man auf beiden Geräten mit derselben Apple-ID angemeldet sein muss. Bereits unter macOS 10.14 (Mojave) respektive iOS 12 fanden diese Funktionen Einzug in Apples Betriebssysteme.
In vielen Apple-eigenen Programmen (Nachrichten, Mail, Pages und so weiter) können Sie die iPhone-Kamera für ein Foto oder einen Dokumentenscan vom Mac aus aktivieren. Dafür klicken Sie in ein Eingabefeld und rufen mit einem Sekundärklick (Zwei-Finger-Klick, Klick bei gedrückter Command-Taste oder Rechtsklick) das Kontextmenü auf. Im Finder finden Sie die Funktion im Drei-Punkte-Menü in der Werkzeugleiste im Fensterkopf. Wenn Sie ein iPhone oder iPad mit derselben Apple-ID in Reichweite haben, können Sie das Untermenü »Von iPhone importieren« auswählen. »Foto aufnehmen« überträgt ein Bild, »Dokumente scannen« erzeugt mehrseitige PDFs mit automatischer Seitenerkennung. Über »Zeichnung hinzufügen« wird Ihr iPhone zu einem Impromptu-Zeichentablett.
Das Betriebssystem stellt systemweit das iPhone-Kamerabild bereit, ebenso wie die eingebaute FaceTime-Kamera in MacBooks und iMacs. Darum unterstützen sämtliche Videokonferenzanbieter automatisch die Integrationskamera. Ein zweifacher Glockenton aus dem iPhone signalisiert, dass das Videosignal an den Mac übertragen wird. Dessen Display weist auf den aktiven Integrationskameramodus hin. Um das iPhone wieder anderweitig zu verwenden, müssen Sie zunächst auf »Trennen« tippen, um den Webcam-Modus zu beenden.
Videoeffekte
Die Integrationskamera hält noch einige Asse im Ärmel bereit, im Kontrollzentrum. Dieses in macOS 12 (Big Sur) eingeführte Menü öffnet sich, wenn Sie das aus zwei Schaltern bestehende Icon rechts in der statischen Menüleiste anklicken. Nur solange die iPhone-Kamera ihr Bild an eine App sendet, taucht dort der zusätzliche Videoeffekte-Button auf. Je nach iPhone-Modell erscheinen bis zu vier Effekte – was welches kann, erfahren Sie in der folgenden Tabelle.
Effekt |
Funktion |
Funktion ab iPhone |
Folgemodus |
dynamischer Bildausschnitt |
11* |
Porträt |
unscharfer Hintergrund |
XR |
Studiolicht |
Aufhellung des Hauptmotivs |
12 |
Schreibtisch-Ansicht |
zweites Video mit Draufsicht |
11* |
* außer SE-Modelle
Die ersten drei erkennen Personen und heben Sie auf unterschiedliche Weise hervor: Der »Folgemodus« zoomt sowie schwenkt automatisch, damit erkannte Menschen optimal im Bild bleiben. »Porträt« versieht den Hintergrund mit Unschärfe, während die Person im Vordergrund weiterhin im Fokus erscheint. »Studiolicht« hellt die Person im Vordergrund auf, während der Hintergrund abgedunkelt wird. Diese drei Effekte lassen sich beliebig kombinieren. Sie sind allerdings größtenteils digitale Trickeffekte: Sie können zulasten der Auflösung gehen, die Perspektive verzerren oder Artefakte einstreuen.
Das sind die Optionen: Das Ventura-Kontrollzentrum offenbart die kombinierbaren Videoeffekte
Foto: c’tMit einem besonderen Schmankerl können iPhones mit zwei oder mehr Linsen aufwarten: mit der »Schreibtischansicht«. Mit ihr zeigen Sie eine Aufsicht des Bereichs vor der Kamera an. Aktivieren Sie diesen Eintrag, öffnet sich ein zusätzliches Fenster mit dem Bild der Weitwinkelkamera. Per Schieberegler legen Sie die Bereichsgröße der Draufsicht fest. Klicken Sie auf »Fertig«, wechselt der Bildausschnitt auf den festgelegten Bereich. Dafür startet ein separates Programm namens Schreibtischansicht.
In einer FaceTime-Videokonferenz schalten Sie dynamisch die Bildschirmübertragung hinzu
Foto: c’tUm die Schreibtischansicht in FaceTime, Zoom, Teams oder Webex anzuzeigen, nutzen Sie die Funktion »Bildschirm teilen«. Beim ersten Versuch fordern die Videokonferenzprogramme dafür eine gesonderte Berechtigung an. Sie müssen ihnen in den Systemeinstellungen die Erlaubnis erteilen, den Bildschirm aufzuzeichnen und anschließend das jeweilige Programm beenden und erneut starten.
Leider gibt es beim Integrationskameramodus viele Fehlerquellen, und meist liefert macOS keine qualifizierten Fehlermeldungen – Sie müssen also selbst auf die Suche gehen. Schauen Sie zunächst in die iPhone-Einstellungen unter »Allgemein/AirPlay & Handoff«. Dort gibt es die Option »Integrationskamera« – sie muss aktiviert sein.
Keins der beteiligten Geräte darf aktuell die Internetverbindung teilen. Auch, wenn Ihr Mac beispielsweise Audio oder Video per AirPlay ausgibt oder ein iPad mit SideCar verbunden ist, scheitert die drahtlose Verbindung. Schließen Sie in diesem Fall Ihr iPhone per Kabel am Mac an und bestätigen Sie auf beiden Geräten, dass diese einander vertrauen.
Erscheint trotz Kabelverbindung die Bildqualität niedrig, stellen Sie sicher, dass das iPhone direkt mit dem Mac verbunden ist. Ein dazwischengeschalteter USB-Hub kann die Videoqualität senken. Um die Verbindung zur Integrationskamera herzustellen, muss das iPhone ruhig stehen, am besten im Querformat. Sobald die Übertragung steht, können Sie es wieder bewegen – drehen Sie es ins Hochkantformat, wechselt die Kameraperspektive automatisch.
Wenn Ihr iPhone gerade in der Sonne lag oder just für Videoschnitt genutzt wurde, warten Sie einige Minuten, bevor Sie es versuchen. Ein zu heißes iPhone darf nicht als Integrationskamera mitspielen. Darum lädt ein iPhone übrigens den Akku nicht über die 80-Prozent-Schwelle auf, während es als Webcam fungiert.
Zubehör
Sind alle Hürden gemeistert, entfalten sich die Vorteile. Vorbei die Zeit, in der die MacBook-Kamera in die Nasenlöcher schielt. Sie können Ihr iPhone unabhängig vom Rechner aufstellen. Mit einer Stativklemme wie etwa dem Shoulderpod G1 oder Glif adaptieren Sie das iPhone auf das weitverbreitete Stativgewinde (1/4 Zoll 20 UNC). Auf diese Weise kombinieren Sie Ihr iPhone mit handelsüblichen Dreibeinen, schlanken Klemmen oder flexiblen Schlangenhalshalterungen. Sie können Ihr iPhone ganz nach Gusto und vorhandenem Zubehör anklemmen, aufstellen oder anlehnen.
Zubehörhersteller wie Belkin offerieren Aufsteckhalterungen für Laptop oder Monitor, die ein iPhone 12 oder neuer aufnehmen. Sie nutzen deren MagSafe-Magnetring, um das iPhone in horizontaler oder vertikaler Position stabil festzuhalten. Die Elephant Card ist eine schmale Kunststoffkarte, die man schnell zu einer iPhone-Halterung faltet. Und wer einen 3D-Drucker besitzt, druckt sich eine Halterung selbst – auf der 3D-Teileplattform Thingiverse finden sich passende Vorlagen .
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